BIGG Dinslaken und BUND Wesel verwundert über “Klimaneutralität” des in Bau befindlichen Holzkraftwerks in Dinslaken

Mit Interesse haben wir den in der NRZ erschienenen Artikel über die Sperrung der Otto-Brenner-Straße (21. Juli) wegen der Kampfmittelbeseitigung für das im Bau befindliche Holzkraftwerk gelesen.

Am Ende des Artikels wird erläutert, dass das DHE die Klimaneutralität der Dinslakener Fernwärme- und Stromversorgung ermögliche und damit einen Beitrag zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit in der Region leiste.

Im Zuge des Klimaschutzurteils des Bundesverfassungsgerichts aus März 2021, in dem es heißt Klimaschutz ist ein Grundrecht und es müssen zukünftige Generationen geschützt werden”,  hat sich die BIGG mit dem Thema Klimaneutralität von Holzkraftwerken nochmals intensiv befasst. Jetzt stellen wir uns die Frage, wie man mit dem Betrieb eines Holzkraftwerkes dem Klimaschutzurteil gerecht werden könnte, denn wissenschaftliche Studien sagen genau das Gegenteil.

Zum Beispiel zeigt Timothy Searchinger von der Universität Princeton, zusammen mit anderen internationalen Wissenschaftlern, 2018 im Fachblatt Nature Communications („Europe’s renewable energy directive poised to harm global forests“) auf, dass ein Kraftwerk auf der Basis Holz 50 % mehr CO2 als ein Kohlekraftwerk emittiert, bezogen auf die gleiche produzierte Strommenge. Im Vergleich zu einem Gaskraftwerk ergibt  sich sogar dreimal so viel CO2.

Wie kann man denn nun trotzdem von CO2- oder Klimaneutralität von Holzkraftwerken sprechen? Die Antwort liegt wohl auf der Zeitachse – Klimaneutralität bezieht sich immer auf einen Zeitraum. Doch kann es stimmen, dass dieser Zeitraum zwischen 40-100 Jahren beträgt?

Bei Klimaneutralität von Holzkraftwerken wird angenommen, dass durch die nachwachsenden Bäume das CO2 wieder aufgenommen und somit neutralisiert werde. Allerdings gibt es zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen, die den auf der Hand liegenden Umstand problematisieren, dass es Jahrzehnte benötigt, um das beim Verbrennen von Holz entstandene CO2 durch nachwachsende Bäume wieder einzufangen.

Außerdem wurde in einer umfassenden Studie durch Wissenschaftler der kanadischen Forstverwaltung um Jerome Laganiere der Zeitpunkt der Parität bestimmt, also die Zeit, die benötigt wird, um im Vergleich zu einem Kohlekraftwerk oder einem Gaskraftwerk zu CO2-Verminderungseffekten durch Holzverbrennung zu kommen. Nutzt man 45 Jahre alte Bäume, so benötigt man beim Ersatz eines Kohlekraftwerks 78 bis 100 Jahre, um zu einem Verminderungseffekt zu kommen.

Anders ausgedrückt: fast ein Jahrhundert lang wird durch Holzverbrennung mehr CO2 ausgestoßen als durch ein Kohlekraftwerk!

Für den BUND erklärt Petra Schmidt-Niersmann: „Der Begriff CO2-neutral ist bei der Darstellung des DHE ein Etikettenschwindel. Hier wird hoch belastetes Holz verbrannt. Das sollte niemand bei der Diskussion um Klimaneutralität vergessen!“

Die BIGG und der BUND möchten nun kurzfristig mit Politik und Verwaltung in Dinslaken sprechen, um zu erfahren, welche Pläne vorliegen, um den zukünftigen Mehrausstoß des Holzkraftwerkes gegenüber des bestehenden Kohlekraftwerkes zu kompensieren. Denn laut Bundesverfassungsgericht haben wir hierfür nicht mehr 100 Jahre Zeit, sondern müssen dies sofort starten.


Auch die NRZ und RP haben unsere Verwunderung aufgegriffen und darüber berichtet.

In den nächsten Wochen beleuchten wir das Thema Klimaneutralität weiter…

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