Die Halde schmort
NRZ Lokalausgabe, 22. Mai 2010
Autor: Gerhard Klinkhardt
Duisburg/Dinslaken.
Sie ist nicht die Größte, aber riesig ist sie trotzdem: Die Grundfläche der Halde Wehofen West beträgt 42 Hektar, oben, in 40 Meter Höhe, auf der Halde sind es immer noch 20 Hektar Oberfläche. Die Halden von Wehofen gehören einfach zur Geschichte des Ortes (auch wenn sie teilweise auf Dinslakener Stadtgebiet stehen).
Aber was man mit ihnen machen kann, darüber zerbrechen sich seit geraumer Zeit die Menschen den Kopf. Die letzten in dieser Reihe waren Teilnehmer eines Ideentreffs, zu dem die Bürgerstiftung Duisburg vor rund drei Monaten eingeladen hatte.
Aus dem Kreis der Ideenlieferanten war der Gedanke gekommen, hier einen Erlebnispark einzurichten, an dem Jung und Alt Spaß haben könnten, etwa beim gemeinsamen Rodeln im Sommer, wie Geschäftsführer Manfred Berns vorstellte. Aber auch andere Nutzungen konnten sich die Ideenlieferanten vorstellen. Aber das ist alles nicht so einfach, zeigte der Ortstermin. ThyssenKrupp Steel hatte es möglich gemacht, die Halde Wehofen West zu besichtigen. Das ist derzeit nur illegal oder mit Sondererlaubnis möglich. Und es wird auch noch eine Weile dauern, bis sich das ändert.
Dazu kommt noch, dass nicht unbedingt jeder aus der Truppe der Ideenlieferanten Lust auf wesentliche Veränderungen hat. Vor allem die Naturschützer sehen die Ideen von Sommerrodelbahn und Erlebniszonen mit gemischten Gefühlen. Denn immerhin hat die lange Periode der Ungestörtheit seltene Tier hier heimisch werden lassen. Da ist es mal eine Echse, die sich nur hier wohlfühlt oder auch eine Gehäuseschnecke, die es auf die „stattliche“ Größe von einem Kubikmillimeter bringt.
Im Inneren 500 Grad heiß
Dabei verdanken sie ihre Anwesenheit – vergleichbar dem Hüttenwerk Meiderich, heute Landschaftspark – der Einschleppung fremder Samen als Trittbrettfahrer anderer Rohstoffe. Dass sie sich hier wohlfühlen, hat indes einen anderen Grund: Die Halde schmort. Tief im Inneren des Abraumgiganten ist es nämlich ziemlich heiß, so ungefähr 500 Grad, weiß Jörg Freise von ThyssenKrupp Steel, dem Betreiber der Halden. Und solange das so ist, wird die Halde nicht aus der Bergaufsicht entlassen.
Eine Abteilung der Bezirksregierung Arnsberg kümmert sich um alles rund um den Bergbau: Abbaugenehmigungen und Haldenmanagement. Das heißt: Wenn die Halde nicht absolut gefahrlos ist, ist sie für die Öffentlichkeit nicht so ohne Weiteres zugänglich. Heinrich Claus, der lange bei TKS gearbeitet hat, sorgte mit seinen Äußerungen auch für Enttäuschung bei den Aktiven: „Das kann fünf, zehn oder auch 100 Jahre dauern.“
Wie man mit der ungewollten Hitze im Berg umgeht, darüber wird gegrübelt. Ein Pilotprojekt von TKSE und der Universität Duisburg-Essen soll herausfinden, ob man die Abwärme nicht zur Energiegewinnung nutzen könnte.
Geht das nicht, dann käme der Kahlschlag an der Halde. Jutta Möller, wie Freise von der Umweltschutzabteilung des Konzerns, stellte die Planungen den Ideenpaten vor. Im Herbst würden erst einmal an den Hangbereichen alle Bäume gefällt.
Oben auf der Halde würde eine Tonschicht oder ein anderes Dichtmaterial von einem Meter Stärke aufgetragen und mit Mutterboden abgedeckt. Das könnte die unterirdischen Brände ersticken. Ein gemächliches Gefälle von etwa vier Prozent zusammen mit Kaskaden an den Randbereichen würde dafür sorgen, dass das Regenwasser zum Haldenfuß abgeleitet und direkt ins Grundwasser geführt würde. Dann würde alles wieder aufgeforstet. Dann erst könnten die Ideenlieferanten ins Geschäft kommen.
Bisher haben TKSE und ihre Landschaftsplaner eigene Ideen entwickelt: So soll die alte niederrheinische Feldstruktur, die durch die Halde verschwunden ist, oben auf der Halde wiederbelebt werden. Wenn sich ein Landwirt findet, der bereit sei, hier nach TKSE-Grundsätzen mit wenig Dünger und Chemie zu arbeiten, könnte der die Halde bewirtschaften. Wenn nicht, müssen Schafe zwei Mal im Jahr das Gras abweiden.
Bild 1:
Über die zukünftige Nutzung d
er Halde Wehofen gibt derzeit es noch keine Klarheit. Foto: Hans Blossey